
Borken. „Wir verstehen uns bombig!“ Das sagt Gabriele Fechler, die seit einiger Zeit ein Kind in der Remigius-Grundschule als Leselernhelferin betreut. Die wöchentlichen Treffen folgen immer einem ganz bestimmten Fahrplan: Erst ein wenig quatschen, dann ein Kinderrätsel aus der Borkener Zeitung lösen und schließlich eine halbe Stunde lesen. Zum Abschluss wird noch ein wenig gespielt – dann ist die Zeit auch schon um. „Das Kind ist so interessiert dabei und freut sich jede Woche auf unsere gemeinsame Zeit“, erzählt Gabriele Fechler. Die Oma von fünf Enkelkindern ist ausgesprochener Lesefan und überzeugt: „Wenn man den Kindern nicht zeigt, wie sich durch Lesen die Welt öffnet, wissen die gar nicht, dass es so etwas gibt.“
Erschreckende Realität ist, dass laut einer aktuellen Studie jeder vierte Viertklässler in Deutschland nicht richtig lesen kann. Ihnen fehlt das Mindestniveau beim Textverständnis, das für die Anforderungen im weiteren Verlauf der Schulzeit nötig wäre. Den Schulen fehlen oft die Kapazitäten, um die Freude am Lesen zu wecken und bei allen Schülerinnen und Schülern gleichermaßen das Verständnis von Texten und die Sprachkompetenz zu verbessern. Deshalb hat sich unter Federführung von Julia Lütkenhaus der Verein „Mentor – Die Lesepaten und Leselernhelfer Borken“ gegründet. Die ehrenamtlichen Leselernhelfer bieten an, ein Kind, das sich mit dem Lesen schwertut, ein Jahr lang zu begleiten und regelmäßig gemeinsam zu lesen. Die wöchentlichen Treffen finden außerhalb der regulären Schulstunden in der Schule statt.
Sieben Grundschulen aus Borken, Burlo, Marbeck und Weseke haben bereits Interesse an den ehrenamtlichen Lesementoren gezeigt, und an der Remigius-Grundschule ist zwischen Oster- und Sommerferien ein erstes Pilotprojekt erfolgreich gestartet.
Mit dabei waren auch Gudula Ernst-Hufenbach und Veronika Dierolf. Beide lesen aus Leidenschaft und sind begeistert von ihrer Aufgabe. „In dieser Stunde kann ich dem Kind ohne schulischen Druck meine ganze Aufmerksamkeit schenken“, sagt Gudula Ernst-Hufenbach. „Es gibt Kinder, die das in ihrem Alltag gar nicht erleben und es deshalb ganz besonders nötig haben.“ Wichtig ist den Mentorinnen auch, dass die Kinder die Texte nicht nur lesen, sondern auch verstehen. Veronika Dierolf kennt als ehemalige Erzieherin kleine Rituale, die dem Kind Sicherheit geben, und baut in ihre Mentorenstunden auch Bewegungseinheiten ein, bei denen zum Beispiel das Textverständnis spielerisch abgefragt wird. Dabei orientiert sie sich an dem worauf das Kind Lust hat und legt
großen Wert auf seine Mitbestimmung. „Wir machen uns einfach eine schöne Zeit zusammen“, sagt sie. Da gelingt das Lesenlernen fast von allein.
Wer Interesse hat, selbst als Leselernhelferin oder -helfer aktiv zu werden, kann sich bei Julia Lütkenhaus melden unter 02861/ 9291730 oder per Mail an julia.luetkenhaus@gmx.de. Informationen zum Bundesverband „Mentor – Die Leselernhelfer“ findet man auf https://mentor-bundesverband.de/